Auf welches Projekt ist Ihre Gemeinde besonders stolz?
Seit 2012 sind wir mit dem „Richtsberg Mobil“ in der aufsuchenden Jugendarbeit in unserem Stadtteil aktiv. Neben diesem Projekt haben wir im Dezember 2018 ein weiteres Projekt starten können. Es handelt sich um den „Kochlöffel“. Der Kochlöffel ist ein Gemeindemittagstisch und im eigentlichen Sinn ein „Bottom-Up“-Projekt. Das gilt sowohl für die Anfänge als auch für den laufenden Betrieb.
Bereits 2016 regten Stadtteilbewohner*innen an, dass die Kirchengemeinde eine Suppenküche für die Bedürftigen im Stadtteil einrichten solle. Mitte 2017 nahm ein Sondierungsausschuss bestehend aus Mitgliedern des Kirchenvorstandes und interessierten Stadtteilbewohner*innen diese Idee auf und diskutierte dass Pro und Contra eines solchen Projekts. Nach einer langen Anlauf- und Planungsphase konnte das Projekt im vergangenen Jahr gestartet werden. Einmal in der Woche bieten wir für alle Stadtteilbewohner*innen ein Mittagessen zu einem Symbolpreis an. Neben dem hauswirtschaftlichen und dem Service kümmern sich die ehrenamtlichen um die Gäste und nehmen sich Zeit für sie.
Der „Kochlöffel“ wird im Wesentlichen von den ehrenamtlichen Mitarbeitenden getragen. Mittlerweile sind es knapp 20 Ehrenamtliche, die die Vielfalt des Richtsbergs als Stadtteil abbilden. Die Altersspanne reicht von Mitte 20 bis Mitte 70. Die Mitarbeitenden kommen aus Polen, den GUS-Staaten, Spanien, Syrien, dem Irak und Deutschland.
Sehr stolz sind wir darauf, dass die Mitarbeitenden unser Motto „Von Richtsbergern für Richtsberger“ verwirklichen: Es war uns wichtig, dass das Projekt auch in der Mitarbeiterschaft vor allem von Stadtteilbewohner*innen getragen wird und sie es zu ihrem Projekt machen. In der Planungsphase kamen wir von dem Gedanken der Suppenküche ab. Der „Kochlöffel“ will in erster Linie soziale Teilhabe ermöglichen. Menschen können ihre soziale Isolation durchbrechen durch die Gemeinschaft beim Essen. Jeder, der die Gemeinschaft sucht, ist willkommen. Es gibt keine sozialen, kulturellen oder religiösen Beschränkungen. Das gilt auch für das Mitarbeiter*innenteam, in dem auch eine Muslima aktiv ist und gerne weitere dazukommen können.
Außerdem konnten wir mit dem „Kochlöffel“ ein ökumenisches Projekt verwirklichen, in dem katholische mit altorientalischen und evangelischen Christen zusammenarbeiten.
Was zeichnet Ihre Gemeinde aus und macht diese so besonders?
Die evangelische Kirchengemeinde am Richtsberg ist Kirche für den Stadtteil. Das nehmen wir sehr ernst. Der Richtsberg ist der größte Stadtteil der Universitätsstadt Marburg und auch der jüngste, was den Altersdurchschnitt angeht. Im Stadtteil leben Menschen aus ca. 90 verschiedenen Nationen zusammen. Das Zusammenleben klappt ganz gut, ist aber entscheidend von der Gemeinwesenarbeit gefördert. Die Kirchengemeinde ist Teil der allgemeinen Gemeinwesenarbeit. Deshalb haben wir einen sozial-diakonischen Schwerpunkt in unserer Arbeit; zum einen in der Jugendarbeit mit dem „Richtsberg Mobil“. Dabei handelt es sich um ein Projekt der aufsuchenden Jugendarbeit, bei dem das Team um die beiden Hauptamtlichen Ronja Wiese und Christian Messerschmidt die Hotspots der Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf dem Richtsberg an fahren und der Zielgruppe sinnvolle Freizeitangebote anbieten bzw. bei Bewerbungen helfen oder der Kummerkasten sind.
Durch unser Engagement sind wir mit anderen Vereinen und Initiativen vernetzt und betreiben eine lebendige Gemeinwesenarbeit, u.a mit dem Bewohnernetzwerk für soziale Fragen (unser Kooperationspartner im Richtsberg Mobil), der charismatischen Gemeinde „CenTral“, dem islamischen Moscheeverein „Hadara“ sowie den Schulen auf dem Richtsberg und anderen.
Auf Kooperationen sind wir in unserer Gemeindearbeit dringend angewiesen. Aus verschiedenen Gründen, die auch in der Sozialstruktur des Stadtteils begründet liegen, haben wir selbst nur eine schmale Mitarbeiterdecke, obwohl wir eine relativ große Kirchengemeinde sind. Viele Angebote der Kirchengemeinde können wir nur schultern, weil wir Partner in der Zusammenarbeit suchen und eng mit anderen zusammenarbeiten. Das gelang uns in der Vergangenheit ganz gut. Dadurch ist die Gemeinde sehr offen und tolerant gegenüber neuen Impulsen und Ideen.
Was würden Sie mit dem Preisgeld machen?
Wir möchten mit einem Preisgeld das Projekt „Kochlöffel“ gern auf eine finanziell solide Basis stellen. Neben den laufenden Ausgaben stehen Fortbildungen für die Ehrenamtlichen an. Außerdem planen wir einen Fahrservice für Menschen, die durch eingeschränkte Mobilität nicht am „Kochlöffel“ teilnehmen können und froh wären, wenn sie dazu abgeholt würden.
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